Duke of Cumberland: Englands „Schlächter“ brachte Schottland zur Räson - WELT (2024)

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Das Ende der schottischen Unabhängigkeit hat auch einiges mit einem berühmten Deutschen zu tun. Der Komponist und Musikunternehmer Georg Friedrich Händel schrieb 1746 in London mit „Judas Maccabaeus“ eines seiner bekanntesten Oratorien. Eine Siegeshymne auf den dritten Sohn des englischen Königs Georg II. aus dem Hause Hannover. Jener Wilhelm August, Herzog von Cumberland, hatte gerade die letzte Erhebung der Schotten und der vertriebenen Stuart-Dynastie niedergeschlagen. Als „Butcher“ (Schlächter) ist er in die schottische Überlieferung eingegangen.

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Denn Cumberland war der Sieger von Culloden. Am 16. April 1746 traf auf diesem Moor unweit von Inverness das Heer von Prinz Charles Edward Stuart auf eine Armee englischer Berufssoldaten und wurde aufgerieben. In der Folge verloren die Schotten ihre Waffen, ihren Kilt und das Instrument, das ihnen auf ihren Kriegszügen Mut und ihren Feinden Furcht einflößte: den Dudelsack.

Culloden markiert den Endpunkt einer komplizierten Geschichte. Die beginnt aus schottischer Perspektive mit den mittelalterlichen Zügen englischer Heere in den Norden der britischen Insel. Aus englischer Sicht bedeutet „The Forty-five“, wie der Aufstand des Jahres 1745 auch genannt wird, die endgültige Ausschaltung der Stuart-Dynastie und die Sicherung der Errungenschaften der Glorious Revolution von 1689. Damals waren mit Jakob II. die katholischen Stuarts gestürzt worden. Mit der Machtergreifung seines Schwiegersohns Wilhelm von Oranien hatten Parlament und Protestantismus gesiegt und schließlich den Welfen aus Hannover den Weg zum Thron gebahnt.

Aber es gab noch „Jakobiten“ im Land. Als solche verstand sich eine bunt zusammengewürfelte Partei, die den gestürzten König und seine Nachkommen als legitimen Herrscher des Vereinigten Königreiches ansahen: Katholiken, aber auch Anhänger des Gottgnadentums oder Nichtanglikaner sowie – vor allem – Nichtengländer, Iren und Schotten. Diese konnten stets auf die Unterstützung von zwei europäischen Mächten bauen (oder glaubten es zumindest): die Frankreichs und die des Papstes.

5000 Schotten marschierten gegen London

Dass ausgerechnet die beiden bedeutendsten Aufstände der Jakobiten 1715 („The Fifteen“) und 1745 angezettelt wurden, sagt einiges über das politische Geschick ihrer Führer aus. In beiden Fällen hielt sich nämlich Frankreich als ewiger Rivale Englands vornehm zurück, weil die innenpolitische Situation oder die europäische Großwetterlage ein militärisches Eingreifen wenig opportun machten. Gleichwohl schlugen die Stuart-Anhänger los und rannten in ihr Verderben.

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Nachdem 1715/16 der „Old Pretender“, Jakobs II. Sohn James Edward, gescheitert war, versuchte es 30 Jahre später sein Sohn Charles Edward erneut. „Bonnie Prince Charlie“, wie seine Anhänger den 24-Jährigen liebevoll nannten, landete im August 1745 in Schottland. Umgehend schlossen sich ihm 3000 Highlander an, mit denen „The Young Pretender“ Edinburgh einnahm. Im Dezember stand der Stuart-Prätendent schließlich mit 5000 kampfeslustigen Schotten vor Derby, nur 150 Kilometer von London entfernt, wo sich umgehend Panik ausbreitete.

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Aber die erhoffte Unterstützung durch englische Jakobiten blieb ebenso aus wie der Vormarsch eines französischen Heeres, den Prince Charlie so siegessicher vorausgesagt hatte. Hinzu kamen Kälte und Versorgungsprobleme, sodass Charles’ Offiziere den Rückmarsch erzwangen, eine Entscheidung, die noch heute in Schottland für heftige Debatten sorgt.

Denn im Frühjahr 1746 rückte Cumberland mit 10.000 Mann in die Highlands vor. Seine Truppen waren viel besser ausgerüstet als die halb verhungerten Highlander, und der Hannoveraner-Prinz, obwohl noch einige Monate jünger als sein Stuart-Gegner, hatte im Österreichischen Erbfolgekrieg Erfahrungen gesammelt. Er nutzte geschickt die Straßen und Depots, die die englischen Behörden seit „The Fifteen“ in Schottland angelegt hatten.

Nach 25 Minuten war alles vorüber

Cumberland setzte zudem geschickt ein Mittel ein, das ihm London in Fülle zur Verfügung stellte: Geld. Längst waren viele Schotten dazu übergegangen, ihre Kampfkraft im Sold fremder Mächte zu versilbern. So bestand die Hälfte von Cumberlands Armee bei Culloden aus schottischen Veteranen.

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Dennoch griffen die MacLeans, MacLachlans und andere Clans mit dem Mut der Verzweiflung an. Doch wer das Geschützfeuer der Engländer überlebte, starb in ihrem Bajonettangriff. Nach einer knappen halben Stunde war die Schlacht vorüber, mehr als 1200 Jakobiten waren tot, die Verluste der Engländer betrugen nur ein Viertel davon.

Bonnie Prince Charlie konnte fliehen und irrte fünf Monate durch die Highlands. Deren Bewohner bewiesen ihre Treue damit, dass sie ihn trotz eines Kopfgeldes von 30.000 Pfund nicht verrieten. Als Frau verkleidet soll er schließlich auf ein Schiff gelangt sein, das ihn nach Frankreich brachte.

Die Zeche hatten die Schotten zu zahlen. Noch auf dem Schlachtfeld ließ Cumberland Hunderte von Gefangenen hinrichten. Während Händel in London an seinem Oratorium für den „Truly Wise, Valiant, and Virtuous Commander“ schrieb, zogen englische Truppen plündernd und mordend durch die Highlands. Die Clans wurden entwaffnet, ihre Burgen, Fahnen und Kilts verbrannt. „Der Schlächter“ leistete ganze Arbeit.

Während „The Forty-five“ in der schottischen Gedenkkultur zum letzten Aufbäumen gegen die verhasste Fremdherrschaft stilisiert wurde und wird, kommen weniger parteiische Chronisten der Sache wohl näher: Das „Unternehmen, das in der Rückschau am meisten die Gemüter und die Fantasie beschäftigt hat“, schreibt der Jenaer Historiker Michael Maurer in seiner „Kleinen Geschichte Schottlands“, „war mehr ein sinnloses Bravourstück als eine strategisch durchdachte militärische Operation.“

Dieser Artikel wurde erstmals 2014 veröffentlicht.

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